In unserer Gesellschaft sollen die Medien die Funktion der vierten Gewalt einnehmen. Wahrscheinlich haben Sie diesen Satz auch schon gelesen, wirkt er doch schon fast etwas abgedroschen. Doch was bedeutet das? Es bedeutet, dass sich unsere Medien im Sinne einer Kontrollinstanz betätigen sollen, die der Legislative, der Exekutive und der Judikative gegenübergestellt wird. Die Ausübung dieser Kontrollfunktion setzt neben wirtschaftlicher Unabhängigkeit einerseits voraus, dass zwischen Politik und Medien ein Verhältnis der Autonomie und Distanz besteht. Andererseits bedingt dies aber auch, dass die Medien qualitativ überhaupt erst in der Lage sind, diese Kontrollfunktion wahrzunehmen.
Gefühlt hat diese qualitative Fähigkeit der Medien in den letzten Jahren abgenommen. Schuld daran ist insbesondere die erwachsene Konkurrenz neuer Medien und Akteure wie Facebook oder Google, welche eben diesem klassischen Mediensystem, welches diese vierte Gewalt ausführen sollte, überlebenswichtige Gelder abziehen. Aus rein marktwirtschaftlicher Sicht könnte nun argumentiert werden, dass der Stärkere am Markt überlebt und der Schwächere untergeht. So einfach ist es aber in dieser Angelegenheit nicht. Unsere Medien sind systemrelevant. Ohne sie würde diese Kontrollinstanz wegfallen oder qualitativ schrumpfen. Dadurch würde erstens falschen Nachrichten, Neudeutsch «Fake News», welche durch den amerikanischen Ex-Präsidenten salonfähig wurden und zuletzt während der Corona-Pandemie auch hierzulande Hochkonjunktur feierten, ein Gegengewicht entnommen werden. Zweitens wäre auch die Meinung kapitalstarker Kommunikatoren überproportional vertreten, da deren Meinung einer schwachen Medienlandschaft gegenüberstände. Und drittens würde das Verschwinden von Medien insbesondere Gebiete mit einer kulturellen Vielfalt und diverser Sprachregionen wie Graubünden hart treffen, da mediale Foren entfallen würden.
Eine absurde und falsche Behauptung
Entsprechend ist es legitim, dass staatliche Gelder hinzugezogen werden, um diesen systemrelevanten Pfeiler der Demokratie zu erhalten, gezielt zu fördern und damit auch zu stärken. Gerade in einer liberalen Gesellschaft. Denn eine liberale Gesellschaft bedarf einer vielfältigen Medienlandschaft, um die Freiheit der Individuen langfristig sicherzustellen.
Jetzt kann behauptet werden, dass durch eine staatliche Förderung die Unabhängigkeit der Geförderten verloren ginge. Doch diese Behauptung ist absurd und falsch zugleich. Denn in einer direkten Demokratie wie der Schweiz mit einer Regierung, welche aus mehreren Parteien besteht, gibt es nicht die eine Meinung, sondern Meinungsvielfalt. Entsprechend kann mit dieser staatlichen Förderung höchstens eine Abhängigkeit zur Meinungsvielfalt hergestellt werden. Wir sehen also: Medienförderung widerspricht nicht der Logik der Unabhängigkeit.
Ich schätze die kulturelle und mediale Vielfalt unseres Kantons
Am 13. Februar 2022 steht das Bundesgesetz über ein Massnahmenpaket zugunsten der Medien zur Abstimmung. Ich bin Bündner und schätze die kulturelle und mediale Vielfalt unseres Kantons. Entsprechend ist für mich ein Ja zu diesem Bundesgesetz eine Selbstverständlichkeit. Gleichzeitig müssen sich die Medien mit dieser gezielten Förderung ihrer Rolle als vierte Gewalt auch bewusst sein und dieser konsequent gerecht werden. Sie sollen von ihren Leserinnen und Lesern in die Pflicht genommen werden, dass ebendiese Qualität auch geliefert wird.
(Dieser Beitrag erschien am 27. Januar 2022 als Gastkommentar im Bündner Tagblatt)
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